Kurt Kretschmer, Head of Legal & Compliance bei e2m, erklärt im Gespräch, warum sich der wirtschaftliche Druck auf Betreiber von Solaranlagen weiter verschärfen dürfte – und weshalb flexible Lösungen wie Speicher der Schlüssel sind, um auch in Zeiten häufiger negativer Strompreise rentabel zu bleiben.
KK: Gern! Der Begriff beschreibt das Phänomen, dass sich die Solarwirtschaft durch den massiven Zubau eigener Kapazitäten selbst die Marktpreise „kannibalisiert“. Wenn viel Solarstrom eingespeist wird, gleichzeitig aber die Nachfrage gering ist – etwa an Wochenenden oder Feiertagen – sinken die Erlöse an der Strombörse. In Kombination mit hohem Windaufkommen kann es dann sogar zu negativen Strompreisen kommen.
Das Problem wird durch zwei Entwicklungen verstärkt: Einerseits speisen große Freiflächenanlagen viel Strom ins Netz ein und erhöhen damit das Angebot. Andererseits reduzieren kleinere Dachanlagen, die oft für den Eigenverbrauch ausgelegt sind, die Netz-Nachfrage.
Besonders hart trifft es Anlagen, die keinen Schutz mehr durch den EEG-Fördermechanismus genießen und ihren Strom überwiegend am Spotmarkt verkaufen – also meist große Freiflächenanlagen.
KK: Der Mechanismus garantierte den Betreibern 20 Jahre lang feste Erlöse: Der Netzbetreiber gleicht die Differenz zwischen dem Marktpreis und dem Förderbetrag aus. Seit 2016 wurde dieser Schutz aber nach und nach eingeschränkt. Zuerst nur bei sechs aufeinanderfolgenden Stunden mit negativen Preisen – inzwischen verlieren neue Anlagen schon ab der ersten Stunde mit negativem Börsenpreis den Anspruch auf Förderung.
KK: Ja, eindeutig. 2024 war ein Rekordjahr beim Zubau von Solaranlagen – und gleichzeitig gab es auch einen massiven Anstieg an Stunden mit negativen Strompreisen. Insgesamt wurden 459 solcher Stunden gezählt – das sind fast 35 % mehr als im Vorjahr. Über drei zusammenhängende Stunden mit negativen Preisen wurden immerhin noch in 422 Fällen registriert.
KK: Nein, nicht alle sind gleichermaßen betroffen. Besonders kritisch ist die Lage für zwei Gruppen: Bestehende Anlagen, die bei der Planung die negativen Preise nicht oder nur unzureichend einkalkuliert haben – und zukünftige Projekte, deren Finanzierung stark von einer stabilen Ertragserwartung abhängt.
KK: Leider ja. Kurzfristig wird sich der Trend durch viele neue Projekte, die in den letzten zwei Jahren Förderbescheide erhalten haben und jetzt ans Netz gehen, eher noch verstärken. Auch mittelfristig ist keine Trendumkehr zu erwarten. Damit sich die Preise stabilisieren, müsste der Stromverbrauch insbesondere in Zeiten hoher Einspeisung deutlich steigen. Flexible Elektrolyseure zur Wasserstoffproduktion könnten hier helfen – aber bis 2030 sind in Deutschland nur 8,7 GW geplant, und viele dieser Projekte haben noch keine finale Investitionsentscheidung.
KK: Klar ist: Einfach abzuschalten, wenn die Preise negativ sind, verhindert zwar Verluste, aber auch die Chance auf Einnahmen. Viel effektiver ist es, den erzeugten Strom zwischenzuspeichern – also die Anlage mit einem Batteriespeicher zu kombinieren.
So kann man die Produktion zeitlich verlagern, also dann einspeisen, wenn die Preise höher sind. Über den Intraday-Markt lässt sich dadurch der Markterlös deutlich steigern. Unterm Strich bekommen Betreiber mit Speicherlösung mehr Produktion zu besseren Preisen vergütet.
KK: Genau. Seit der Einführung der Innovationsausschreibung für PV-Speicher-Kombinationen bieten wir entsprechende Produkte zur optimierten Vermarktung an und entwickeln sie laufend weiter. Dieser Ansatz ist übrigens nicht nur auf Innovationsprojekte beschränkt – er lässt sich auch auf andere Co-Locations übertragen.
KK: Ja – da hängt es natürlich von der Restlaufzeit der EEG-Förderung ab, ob sich die Investition in einen Speicher noch rechnet. Betreiber neuer Projekte haben es etwas leichter: Sie können mit der Kombination aus PV-Anlage und Speicher an der Innovationsausschreibung teilnehmen. Im Vergleich zur oft überzeichneten PV-Freiflächen-Ausschreibung gibt es hier eine höhere Förderobergrenze. Der Speicher wird teilweise mitfinanziert, was – bei optimaler Auslegung und Vermarktung – einen klaren Renditevorteil bringt.
Vielen Dank für das Gespräch, Kurt!
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